BGH-Urteil: Hohes Alter gilt nicht als Kündigungsschutz bei Wohnraum

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Eine Kündigung der Wohnung wegen Eigenbedarfs ist für beide Parteien meist eine schwierige Situation. Der Bundesgerichtshof entschied nun: auch das hohe Lebensalter eines Mieters schützt nicht vor einer Kündigung des Wohnraums oder führt gar zu einer Verlängerung des Mietverhältnisses.


Hintergrund des Urteils: Kündigung älterer Mieter wegen Eigenbedarf der Vermieterin

Im Jahr 2005 erklärte die Vermieterin gegenüber der 88-jährigen Mieterin die Kündigung wegen Eigenbedarfs, das Vorliegen des Eigenbedarfs ist unstrittig. Das Mietverhältnis besteht seit 1997. Auf die Kündigungserklärung wegen Eigenbedarf, folgte ein Widerspruch der Mieterin und ihres mittlerweile verstorbenen Ehemanns. Sie verwiesen auf ihr hohes Alter, den damit verbundenen beeinträchtigten Gesundheitszustand, die Mietdauer und die langjährige Verwurzelung am Ort. Hinzukommen die beschränkten finanziellen Mittel zur Beschaffung von Ersatzwohnraum.

Das Landgericht in Berlin hat eine Räumungsklage abgewiesen. Den Mietern wurde nach § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB eine unbestimmte Fortsetzung des Mietverhältnisses zugesprochen. Das eingewandte hohe Alter der Mieter gelte als Härtegrund.


Das BGH entschied gegen das hohe Alter als Härtegrund

Der Bundesgerichtshof hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist den Fall dorthin zurück. Allein wegen des hohen Alters kann keine Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt werden.

Das hohe Lebensalter kann seine Härte in Verbindung mit weiteren Faktoren begründen, wie zum Beispiel die auf der Mietdauer basierende tiefe Verwurzelung am Wohnort. Zudem liegt ein Härtegrund vor, wenn zur Mietdauer und dem hohen Alter, etwaige Erkrankungen des Mieters hinzukommen, von denen bei Wohnortwechsel eine Verschlechterung anzunehmen ist.

Des Weiteren ist zu beachten, dass allein eine lange Mietdauer noch nicht auf eine tiefe Verwurzelung am Wohnort schließen lässt. Hierzu gehören unter anderem soziale Kontakte in der Nachbarschaft, Einkäufe, die in der Nähe erledigt werden, kulturelle, sportliche oder religiöse Veranstaltungen sowie medizinische Dienstleistungen.

(BGH, Urteil vom 03.02.2021, VIII ZR 68/19)


BGH: Sorgfältige Prüfung im Einzelfall

Mit dieser Entscheidung wird seitens des BGH an mehrere Urteile aus dem Jahr 2019 angeknüpft. Es lassen sich laut BGH für die Frage, ob ein Härtefall vorliegt, keine allgemeinen Fallgruppen, wie beispielsweise ein bestimmtes Alter des Mieters, bilden (Urteile vom 22.05.2019, VIII ZR 180/18 und VIII ZR 167/17). In jedem Einzelfall ist also eine sorgfältige Prüfung erforderlich, inwiefern ein Härtefall vorliegt.